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Lehrgänge in Schongau

06.11.2021
Bericht vom diesjährigen Selbstverteidigungslehrgang bei Mario Baars

Es ist besonders für ausgebildete Kampfsportler ein schmaler Grat zwischen Notwehr, Notwehrexzess, putativem Notstand, Nothilfe und unterlassener Hilfeleistung. Denn während wir gewohnt sind, geordnet, nach Regeln und mit Fairness zu kämpfen, gehen abgebrühte Straßenschläger schon auf Krawall gebürstet aus dem Haus. Die sind von der Fairness so weit entfernt wie der Mond von der Erde. Sie suchen sich typische Opfer, um ihr Mütchen zu kühlen. Wenn es sein muss bringt der Angreifer später mit Leichtigkeit eine Handvoll gleichgesinnter Zeugen herbei, die jeden Meineid schwören, dass der Kampfsportler angefangen hat.

Schon daher ist es so wichtig, körperliche Auseinandersetzungen zu vermeiden und gar nicht erst in die Situation zu kommen. Das gelingt natürlich besser, wenn wir selbstbewusst auftreten, versuchten Provokationen klug begegnen. Es geht darum zu deeskalieren, uns aber selbst zu behaupten, auch stimmlich fest, nicht ängstlich und verzagt. Unsere Körpersprache spielt eine wichtige Rolle. Marios zweiteilige Lehrgang beginnt mit Rollenspielen, Mann und Frau gemischt. Als ausgebildeter Psychotherapeut und erfahrener Selbstverteidigungstrainer spricht er mögliche Reaktionen auf beiden Seiten an. Auch bekannte Finten wie vorgeschützte Verletzungen, vermeintliche Hilfeersuchen werden angesprochen und durchgespielt. Mario weist allerdings auch auf planerische Rahmenbedingungen hin, wie man die Wahrscheinlichkeit solcher Situationen vermeiden kann. Das kann die Wahl des Parkplatzes für eine abendliche Veranstaltung sein, oder die Wahl des Heimweges, auf dem man sich über mögliche "Rettungsinseln" (Gaststätten, beleuchtete Anwesen, Überwachungskameras) bewusst sein soll.

Für den Fall, dass alles nichts nutzt, ist der zweite Teil des Lehrgangs da, in dem - für uns ungewohnt - mit einfachen Mitteln auf Dummies mal eingedroschen werden kann. Schließlich die Bewusstmachung, dass wir meistens Hilfsmittel der körperlichen Gewalt bei uns führen, auf deren Einsatzmöglichkeiten man erst mal hingewiesen werden muss. Das reicht vom Schlüsselbund bis hin zum Eddingstift. Ich bin nun wirklich nicht als schüchtern bekannt. Trotzdem habe ich diesen Lehrgang nun schon zum zweiten Mal mitgemacht, weil ich seinen Wert erkannt habe. Er ist eine perfekte Ergänzung für unseren auf Ästhetik und Respekt ausgerichteten Kampfsport.

Andreas Fecker




SV-Lehrgang in Schongau 2019


SV-Lehrgänge sind eigentlich ein alter Hut. Wer schon lange dabei ist, hat sicher schon einige absolviert, wenn nicht sogar veranstaltet. Der zweiteilige Lehrgang von Mario hatte jedoch eine ganz andere Klasse. Er war gut aufgebaut, in Gewaltprävention, in körperliche und stimmliche Selbstbehauptung, Täter- und Opferpsychologie. Alltagssituationen wurden angesprochen und durchgespielt. Marios sympathische Helfer waren jederzeit zur Stelle, um Korrekturen anzubringen.

Im zweiten Teil ging es um einfache Mittel gegen typische Situationen, ohne gleich das große Besteck auspacken zu müssen. Messerangriffe, Würgen, Schlagen, unvermutete Angriffe. Mario sprach verschiedene Angriffswaffen an, gab Einblicke in das Waffengesetz, verwies aber auch auf alltägliche Hilfsmittel der körperlichen Gewalt, vom Schlüsselbund bis zum Regenschirm, vom Karabinerhaken bis zur Taschenlampe. Eindrucksvoll waren auch die Warnungen, sich auf Pfefferspray oder Elektroschocker zu verlassen.

In Rollenspielen hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, sich Alltagssituationen zu stellen, bisweilen auch in der dunklen Halle. Marios SV-Lehrgänge sind eine perfekte Ergänzung zu unserem Sport. Routiniert, variantenreich, plausibel, wirklichkeitsnah und alltagserfahren. Unser Training von Gohon Kumite, Kata und Grundschule legt die Grundlage. Aber die Realität passiert – leider – ohne Regeln und aus niederen Beweggründen auf der Straße oder in der S-Bahn. Und sich auf solche Situationen mental vorzubereiten wird helfen, sie unverletzt zu überstehen.
Alles in allem möchte ich den nächsten Termin in Schongau schon jetzt bewerben, wann immer der ist.

Andreas Fecker



Unbedingt anschauen!

Damit jeder von uns verinnerlicht, für welch einen ästhetischen Sport wir uns entschieden haben, empfehle ich die folgenden beiden Videos anzuschauen. Es ist ein weiter Weg dorthin, aber jeder kleine Schritt, jede Überwindung lohnt sich. Denn je schöner, glaubhafter, überzeugender eine Technik gemacht wird, desto mehr wird sie uns selbst erfüllen. Wir sind auf einem steilen Weg dorthin, aber dieser Weg wird sich auch auf unseren Alltag auswirken.

Hier der Endkampf Kata Mannschaft des japanischen Teams mit Unsu
Und hier die Antwort des italienischen Teams mit Gankaku, jeweils gefolgt vom Bunkai.

Stan Schmidt (83), einer der Senseis unseres Cheftrainers Roland Lowinger aus Südafrika, lebt nach dem Grundsatz: "Good spirit first, then technique". Zuerst kommt die richtige Einstellung, dann die Technik. Am 7. Oktober 2019 verstarb der in Südafrika gebürtige Karate Großmeister.